Wie schön die Vorstellung doch ist, eine dauerhaft funktionierende Beziehung zu haben. Manchmal fragt man sich wirklich, warum einige Paare das scheinbar mühelos hinbekommen, man selbst jedoch daran verzweifelt. Allerdings ist das so nicht ganz richtig. Selbst Paare, die scheinbar mühelos und ohne Probleme zusammenleben, haben Phasen, in denen es besser läuft, und solche, in denen es schlechter läuft. Nur möglicherweise haben sie einen guten Umgang damit gefunden, solche Probleme auszublenden oder – besser noch – gemeinsam zu lösen. Und manchmal ist auch einfach nur der Schein nach außen das, was die Beziehung aufrechterhält. Wenn es also möglicherweise in Deiner Beziehung nicht so wirklich klappt, ist das zunächst einmal kein Grund zu verzweifeln. An vielen Problemen lässt sich gut arbeiten. Allerdings bekommt man nicht immer alle Probleme selbst in den Griff. Und möglicherweise kommt dann einer von Euch auf die Idee, das vermeintlich böse Wort „Paartherapeut“ in den Raum zu stellen.
Ist es mit Euch wirklich schon so weit gekommen? Habt Ihr es nötig, Euch von jemand Fremdem in Eurer Beziehung helfen zu lassen? Und überhaupt: Wie kann eine völlig fremde Person Euch dabei helfen, Eure Beziehung wieder in Gang zu kriegen? Die Beziehung zwischen Paar und Paartherapeut ist – solange es sie nur theoretisch gibt – meist mit sehr vielen Vorurteilen behaftet. Der folgende Ratgeber räumt mit einigen Mythen und Vorurteilen rund um den Paartherapeuten auf – bestätigt aber auch den einen oder anderen Punkt. Soll also ein Paartherapeut in Anspruch genommen werden, kann der folgende Artikel dabei eine wirklich wertvolle Stütze sein.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Paartherapeut: „Der kostet doch nur Geld!“
- 2 Paartherapeut: „Der kennt uns doch gar nicht!“
- 3 Paartherapeut: „Wir gehen da doch nicht einfach hin und alles ist wieder gut!“
- 4 Paartherapeut: „Der hat bestimmt nicht einmal eine Ausbildung!“
- 5 Paartherapeut: „Der macht doch nur Gehirnwäsche und Lemminge!“
- 6 Paartherapeut: „Das ganze Gerede bringt doch nichts!“
Paartherapeut: „Der kostet doch nur Geld!“
Das Vorurteil, dass ein Paartherapeut Geld kostet, ist in den meisten Fällen zunächst einmal richtig. Besonders private Paartherapeuten lassen sich ihre Dienste komplett von ihren Kunden honorieren. Und in der Tat können es ganz schön ordentliche Beträge sein. Die Taktung der Sitzungen unterscheidet sich genauso wie der Aufbau und die Konzeption von Berater zu Berater. Mancher Paartherapeut setzt für seine Sitzungen 45 Minuten an, ein anderer 60 und wieder ein anderer 90. Auch ist es möglich, die Sitzungen als Einzel- oder Paarsitzungen durchzuführen. Auch hier kann sich das Entgelt des Paartherapeuten unterscheiden. Als ganz groben Betrag, den man einplanen muss, sind hier ungefähr zwischen 50 und 200 Euro pro Sitzung anzusetzen. Das sind im Schnitt vielleicht 80 bis 120 Euro pro Stunde.
Das Problem dabei ist, dass diese Kosten auch tatsächlich vom Kunden selbst getragen werden müssen. Der Paartherapeut wird nicht von der Krankenkasse bezuschusst. Wenn man ein ganz besonderes privates Krankenversicherungsmodell hat, kann das unter Umständen möglich sein, aber im absoluten Regelfall bekommt man nichts.
Allerdings heißt das nicht unbedingt, dass Du völlig auf eine Paartherapie verzichten musst, wenn die Krankenversicherung diese nicht zahlt. Gerade wenn Du bereits in psychologischer Behandlung bist, hast Du die Möglichkeit, Deinen Partner einfach in die eine oder andere Sitzung mitzunehmen. Schließlich können auch psychologische Probleme durch eine Beziehung sowohl positiv als auch negativ beeinflusst werden. Und genau deshalb ist es absolut sinnvoll, gerade in solchen Fällen den Partner in einem gewissen Umfang hinzuzunehmen. Das kostet dann natürlich nichts extra. Zwar ist es dann eher kein Paartherapeut, der Euch betreut, sondern ein Psychologe. Aber Ihr könnt davon ausgehen, dass er damit im Regelfall auch arbeiten kann.
Eine weitere gute Idee, wenn der Paartherapeut nicht so viel kosten soll, ist der Versuch, jemanden bei öffentlichen und religiösen Einrichtungen sowie Hilfsorganisationen ausfindig zu machen. Caritas, Kirche, DRK und viele weitere: Bei allen wäre es nicht ungewöhnlich, wenn dort ein Paartherapeut angestellt ist. Da diese Einrichtungen aber das Gehalt des Beraters zahlen, bedeutet das gleichzeitig, dass die Sätze, die Ihr dafür zahlen müsst, nicht so hoch sind wie sonst. Damit lassen sich erhebliche Beträge sparen. In der Regel wird man hier bei einem Stundensatz zwischen null und 20 Euro landen.
Paartherapeut: „Der kennt uns doch gar nicht!“
In der Tat ist es so, dass der Paartherapeut Euch als Personen gar nicht kennt. Das heißt, Du könntest Dich tatsächlich fragen, warum jemand, der Euch fremd ist, Euch weiterhelfen können soll. Allerdings ist das gar nicht so abwegig, wenn Du einmal genau darüber nachdenkst. Der erste Grund liegt darin, dass er Euch nicht kennt und daher keinerlei Interesse daran hat, Partei für eine Seite zu ergreifen. Das bedeutet, dass Eure Streitpunkte nicht damit entschieden werden, dass der Paartherapeut einem von Euch beiden Recht gibt und Euch dann vor die Tür setzt. Stattdessen versucht er, beide Standpunkte möglichst im Detail zu verstehen und Euch beiden verständlich zu machen. So kann er Euch verdeutlichen, wo und wie Eure Probleme entstehen – und welche Maßnahmen möglicherweise greifen könnten, damit Ihr diese Probleme beseitigt bekommt.
Der zweite Punkt ist der: Der Paartherapeut kennt Euch zwar nicht, aber dafür etwas ganz anderes Entscheidendes – nämlich Beziehungen. Zunächst einmal ist er dafür ausgebildet, zwischenmenschliche Probleme zu erkennen. Allerdings hat er – im Gegensatz zu Euch – auch sehr viele praktische Erfahrungen bei der Beratung einzelner Personen oder von Paaren gesammelt, die Ihr so einfach nicht habt. Selbst wenn Ihr schon viele Beziehungen erlebt habt, kann das nicht an die Erfahrung heranreichen, die ein Paartherapeut gesammelt hat – vor allem in qualitativer Hinsicht. Du musst schließlich bedenken: Alle Beziehungen von Dir und Freunden hast Du immer zu einem gewissen Grad subjektiv erlebt – ein Paartherapeut tut das nicht. Er nimmt Beziehungen beruflich-professionell wahr und hat dadurch auch eine Menge Erfahrung mit Lösungsansätzen rund um Eure Beziehungsproblematik.
Paartherapeut: „Wir gehen da doch nicht einfach hin und alles ist wieder gut!“
Ganz so einfach gestaltet es sich in der Praxis tatsächlich nicht. Ihr könnt nicht erwarten, dass Ihr da ein- oder zweimal hingeht und plötzlich Eure ganze Beziehung völlig auf den Kopf gestellt ist. Es handelt sich nicht um einen Hexer, Vodoopriester oder Medizinmann. Das heißt auch, dass ein Paartherapeut Euch nicht einfach zwei, drei Sätze zu Eurem Problem sagt, Euch eine Glückspille gibt – und alles ist wieder erledigt. Vielmehr bedeutet es Arbeit, die Beziehung wieder in Gang zu bringen. Doch ist das so ungewöhnlich? Schließlich ist es auch für Euch Arbeit, selbst wenn der Paartherapeut nicht in Anspruch genommen wird.
Ihr könnt damit rechnen, dass – je nach Schwere des Problems – ein gewisser Aufwand an Sitzungen notwendig sein wird, um sich seriös mit Eurer Problematik auseinandersetzen zu können. Bei einfachen Problemen reicht möglicherweise bereits maximal eine Handvoll Sitzungen. Allerdings wird das eher die Ausnahme sein. Insgesamt kann als realistisches Zeitfenster ein Rahmen zwischen fünf und 50 Stunden gesehen werden. Das ist eine Menge Geld, die dafür erforderlich ist. Aber bedenkt dabei auch, was eine Scheidung und selbst nur eine Trennung an Geld kostet. Wenn Ihr also eine realistische Chance seht, die Beziehung dadurch zu retten, dann nehmt das ruhig in Kauf.
Paartherapeut: „Der hat bestimmt nicht einmal eine Ausbildung!“
Grundsätzlich kann es tatsächlich möglich sein, dass ein Paartherapeut keine Ausbildung hat und sich einfach so als solcher bezeichnet. Es ist in der Tat so, dass diese Berufsbezeichnung in keiner Weise geschützt ist. Also kann sich eigentlich jeder so bezeichnen. Nichtsdestotrotz ist es natürlich die absolute Ausnahme, wenn ein Paartherapeut keine Ausbildung haben sollte. Im Regelfall ist diese auch den beruflichen Anforderungen entsprechend.
Im Vordergrund steht dabei das Studium der Psychologie. Viele studierte Psychologen machen sich nicht unbedingt mit einer eigenen Psychotherapiepraxis selbstständig oder lassen sich irgendwo als angestellte Psychologen nieder. Je nachdem, in welchem Bereich man gerne arbeitet, kann es schon sein, dass man sich eher als Paartherapeut niederlässt. Das hat natürlich den Vorteil, dass diese Berater eine umfassende psychologische Ausbildung haben, die sich vor allem mit psychologischen Problemen, zwischenmenschlichen Belastungssituationen und vor allem auch dem Aufbrechen bestehender Verhaltensmuster beschäftigt.
Aber auch artverwandte Ausbildungen sind möglich. Beispielsweise gibt es auch den einen oder anderen Beziehungsberater, der eine theologische, soziale oder medizinische Ausbildung hat. Das kann Euch ebenfalls dabei helfen, die Probleme in Eurer Beziehung zu analysieren und zu beseitigen. Wichtig ist in dieser Hinsicht vor allem die gute Einschätzungsfähigkeit von Menschen und dass der Paartherapeut einen guten Zugang zu Euch findet. Dann ist es eigentlich zweitrangig, welche Ausbildung auf dem Papier steht. Wichtig ist, dass er Euch bei der Problemanalyse und –beseitigung hilft.
Paartherapeut: „Der macht doch nur Gehirnwäsche und Lemminge!“
Ein Paartherapeut versucht ganz sicher nicht, Euch in irgendeiner Form umzukrempeln oder Euch Werte aufzudiktieren, die Ihr nicht teilt. Das Vorurteil, dass ein Paartherapeut also eine Gehirnwäsche an Euch durchführt, damit Ihr wieder funktioniert, ist also sachlich absolut falsch. Vielmehr versucht er, die Positionen beider Partner genau zu analysieren und herauszufinden, wo diese Positionen aufeinanderprallen.
Wichtig ist also vor allem, dass er herausfindet, welche unerfüllten Wünsche Ihr eigentlich habt und dass diese ausgesprochen werden. So ist es möglich, auch dem Partner zu verdeutlichen, was sich der andere eigentlich wünscht und warum er bestimmte Verhaltensweisen hat. Über dieses Verständnis ist es meist möglich, einen genaueren Einblick darüber zu gewinnen, was nötig ist, damit die Beziehung funktionieren kann. Umgekehrt vergisst er natürlich nicht den Standpunkt des anderen Partners, sondern versucht umgekehrt, auch diesen besser herauszuarbeiten und deutlich zu machen. Es ist nicht selten der Fall, dass der Gedanke „Das habe ich so ja noch gar nicht gesehen.“ ein übliches Resultat ist, das ein Paartherapeut herauskehren kann.
Das hat nichts mit Gehirnwäsche oder dem umkrempeln von Meinungen zu tun. Es sollen Euch nur Wege aufgezeigt werden, wie Ihr aus der Situation herauskommt. Vielmehr kann tatsächlich sogar die geordnete Trennung das Resultat sein, das Euch der Paartherapeut vorschlägt. Manchmal ist es einfach nur als therapeutische Maßnahme ganz sinnvoll, um herauszufinden, ob sich in beiden Partnern doch noch etwas gegen die Trennung sträubt. Manchmal ist es aber auch schlicht die beste und einzige Lösung. Nicht immer seid Ihr in der Lage, die Wünsche des Partners noch so zu erfüllen, dass dieser damit glücklich sein kann. Entsprechend kann es Situationen geben, in denen Euch der Paartherapeut eindringlich dazu raten wird, meist dann auch gut begründet. Natürlich unterscheidet sich das ein bisschen von Paartherapeut zu Paartherapeut. Kirchliche Ansprechpartner beispielsweise werden tendenziell etwas eher versuchen, die Beziehung nicht mit einer Trennung enden zu lassen, weil die einzig wahre Ehe einfach einen religiösen Wert in diesem Zusammenhang darstellt. Aber das kommt immer etwas auf den Einzelfall an, wo Ihr dann letztendlich landet.
Paartherapeut: „Das ganze Gerede bringt doch nichts!“
Dass das Reden über Probleme nichts bringt, ist ein absolutes Totschlagargument – und noch dazu sachlich auch völlig falsch. Meist dient es eher als Ausrede dafür, dass alles so bleiben kann, wie es ist, und man sich nicht anstrengen muss, etwas zu ändern. Grundsätzlich kann es natürlich sein, dass das Reden über die Probleme selbst noch nichts bringt. Zumindest ermöglicht es jedoch eine Analyse der Probleme und kann die Richtung vorgeben, wie die Beziehungskrise bewältigt werden kann. Tatsächlich ist es damit der wichtigste Schritt, damit der Paartherapeut den Grundstein dafür legen kann, dass Ihr Euch wieder annähert. Und häufig ist es tatsächlich bereits so, dass selbst das Reden allein schon einige Probleme löst. Schließlich eröffnet sich meist ein ganz anderes Verständnis des Verhaltens und der Probleme des Partners – und das eröffnet häufig bereits die Möglichkeit, vorhandene Verhaltensmuster aufzubrechen.
Insgesamt ist also genau das Reden zur Problemlösung in der Beziehung der richtige Ansatz. Zwar erledigen sich tatsächlich einige Probleme irgendwann einfach von selbst, aber eben nicht alle. Das Problem ist da, sobald einer von beiden Partnern einen gewissen Leidensdruck aufgrund des Problems verspürt – und der kann nicht einfach ins Unendliche steigen. Das heißt, dass Ihr Probleme, die vor sich herlaufen, als mögliche Gefahr für Eure Beziehung arbeiten lasst. Natürlich muss der Paartherapeut nicht sofort beim kleinsten Problem aufgesucht werden, möglicherweise müsst Ihr ihn auch gar nicht aufsuchen. Allerdings dürft Ihr Probleme in der Beziehung auch nicht unbegrenzt ignorieren.
Der beste Zeitpunkt, um einen Paartherapeuten aufzusuchen, ist eigentlich genau dann gekommen, wenn Ihr merkt, dass sich ein schwieriges Problem in Eurer Beziehung abzeichnet, von dem Ihr nicht wisst, ob Ihr das gut alleine bewältigt bekommt. Genau dann ist es nämlich noch nicht so spät und der Paartherapeut hat die größtmöglichen Chancen, noch regulierend einzugreifen. Ihr dürft nicht den Fehler machen, damit zu warten, bis wirklich gar nichts mehr bei Euch geht. Dann sind die Fronten meist so verhärtet und der entstandene Schaden so groß, dass es bei Euch einfach nichts mehr zu retten gibt. Wenn Ihr Euch jedoch rechtzeitig darum bemüht, ein Problem in Angriff zu nehmen – ob nun mit Paartherapeut oder ohne –, dann habt Ihr die besten Chancen, das Problem gemeinsam gelöst zu bekommen.